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Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement – Apl. Prof. Dr. Andreas Schmid

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Exkursion 2019: Crossing Borders - Digitizing Health Care in the U.S.

Die mittlerweile vierte USA Exkursion fand von 3.-12. März 2019 statt. Den Auftakt bildete ein intensiver Workshop am Department of Health Policy and Management der Gillings School of Global Public Health der University of North Carolina, einem langjährigen Kooperationspartner des Studiengangs Gesundheitsökonomie. Es folgten eine Reihe von Site-Visits, zunächst in und um Chapel Hill, NC, dann in Washington, DC.

Untenstehend folgt ein knapper Bericht, der zumindest einen ersten Eindruck vom straffen Programm mit mehr als 10 Meetings und Sessions mit insgesamt mehr als 30 Referenten vermitteln soll. Im Herbst erscheint ein Sammelband mit von den Studenten verfassten Essays, die einen tieferen Einblick in die gewonnenen Erkenntnisse erlauben.

Sonntag, 3. März 2019

Endlich geht es los! Mit einem informellen Get-Together in der "Carolina Brewery" startet die GÖ USA Exkursion 2019. Einige Teilnehmer sind bereits am Vortag angereist. Erste kleine Abstecher auf den Campus der University of North Carolina vermitteln ihnen einen Eindruck von der imposanten Geschichte dieser Einrichtung: Gegründet 1789 gehört sie zu den drei ältesten Universitäten der USA. Auch die ersten fachlichen Themen werden diskutiert: Bereits am Flughafen werden Reisende mit großflächiger Werbung der großen Hospital Systems (UNC Health, Duke Health und WakeMed) begrüßt; der Wettbewerb scheint zumindest auf den ersten Blick sehr intensiv zu sein.

Montag, 4. März 2019

Der erste Exkursionstag startet gleich mit hochkarätigen Referenten der UNC Gillings School of Global Public Health: zunächst gibt Professor Pam Silberman einen Überblick über das US-Gesundheitssystem mit Fokus auf dem Affordable Care Act. Professor Andreas Schmid übernimmt spontan den Vortrag des erkrankten Professors George Pink zu Mergers and Acquisitions. Im Anschluss diskutiert Professor Sandra Greene mit dem Plenum die Unterschiede hinsichtlich der Inanspruchnahme und Erbringung medizinischer Leistungen innerhalb des Bundesstaates NC. Der Politikwissenschaftler und Medicare-Experte Professor Jonathan Oberlander geht abschließend mit einem Augenzwinkern auf die Eigentümlichkeiten des amerikanischen Gesundheitssystems mit seinen wenig zielführenden politischen Entscheidungsprozessen ein.

Das Nachmittagsprogramm beinhaltet einen Besuch im Hillsborough Hospital, UNC Health Care. Chris Ellington (President of UNC Health Care Network Hospitals) und Jeff Strickler (Vice President) stellen ihr beeindruckendes Krankenhausnetzwerk vor. Bei einem geführten Rundgang staunen die Teilnehmer, was ein neues (Baujahr 2015) amerikanisches Community Hospital mit derzeit rund 80 Betten dem Patienten bieten kann: Einzelzimmer mit Hightech-Ausstattung und die Möglichkeit zum Rooming-In von Familienmitgliedern in jedem Zimmer sind nur zwei Beispiele. Sinnbildlich für die Einbindung des Patienten in den Behandlungsprozess sind auch die großen White-Bords, auf denen nicht nur der zuständige Arzt und die zuständige Schwester notiert werden, sondern auch der Tagesplan des Patienten, sein "Schmerz-Ziel" und sonstige Besonderheiten vermerkt werden. Wird ein Wunsch nicht binnen 5 Minuten adressiert, gibt es einen dezidierten "Alarm-Knopf".

Dienstag, 5. März 2019

Die morgendliche Führung über den UNC Campus weckt nicht nur die Lebensgeister der Exkursionsteilnehmer, sondern auch das Interesse für die Historie der Universität, die als erste öffentliche Universität der USA in diesem Jahr ihr 225. Jubiläum feiert.

Der anschließende Programmpunkt führt zum Krankenversicherer „BlueCross BlueShield of North Carolina“. Dieser gehört mit 35 weiteren Versicherern der BlueCross BlueShield Association an, die in den USA mehr als 106 Mio. Menschen krankenversichert. Gleich sieben Führungskräfte und Experten nehmen sich Zeit, um ihre Abteilungen sowie spezifischen Themenfelder vorzustellen. Die Header lauten „ACA 5 years running“, „Payment Reform“, „Digital Health, AI, Machine Learning“ und „Member Experience (US/GER)“. Zwei Punkte werden dabei deutlich: 1) Die Digitalisierung schreitet in großen Schritten und deutlich schneller als in Deutschland voran, auch wenn viele ethische Fragen noch „in der Diskussion“ sind. 2) Die unglaubliche Komplexität des amerikanischen Krankenversicherungssystems ist für einen normalen Patienten kaum zu durchschauen. Selbst mit gutem Versicherungsschutz ist häufig nicht vorhersehbar, welche Kosten Out-of-Pocket noch zu tragen sind und wie teuer beispielsweise eine Operation am Ende sein wird.

Ein besonderes Highlight bildet die Einladung von Prof. Bruce Fried und seiner Frau Nancy zum Abendessen. Die gastfreundliche Atmosphäre bei ihnen zu Hause ermöglicht den Anwesenden über die Fachgespräche hinaus kulturelle Eigenheiten und Anekdoten auszutauschen und weitere Kontakte zu knüpfen.

Mittwoch, 6. März 2019

Beim Thema Digitalisierung holt der Gesundheitssektor zu anderen Industrien immer weiter auf und er tut das in den USA deutlich schneller als in Deutschland. Zu Gast bei der North Carolina Healthcare Information & Communications Alliance (NCHICA) werden die Teilnehmer zunächst von Executive Director Jennifer Anderson begrüßt. NCHICA ist ein non-profit Konsortium, das durch den Einsatz von Informationstechnologie, IT und Analytik die Transformation des US-Gesundheitssystems vorantreibt. Über 300 Organisationen der Gesundheitsbranche - wie Gesundheitssysteme, Krankenhäuser, ambulante Praxen, Gesundheits-IT- und Bildungseinrichtungen sind NCHICA-Members. Zwei Referentinnen präsentieren im weiteren Verlauf die Perspektive der Leistungserbringer.

Den Anfang macht die per Videokonferenz zugeschaltete Angela Yochem, Executive Vice President, Chief Digital and Tech Officer von Novant Health, einem großen Health System mit 15 Krankenhäusern und mehr als 350 Physician Practices. An anschaulichen Bespielen zeigt sie, was heute bereits mit digitalen Lösungen möglich ist. Im Fokus stehen Omni-Channel-Ansätze, wie der folgende: Der Patient macht per Handy eine Video-Consultation mit dem Arzt. Dieser stellt fest, dass der Patient körperlich untersucht werden muss. In seinem PC sieht er, welche der nächstgelegenen Praxen kurzfristig einen Termin hat und bucht den Patienten direkt ein. Der Patient begibt sich zur Praxis, wo er bereits erwartet wird. Sein EHR ist auf dem aktuellen Stand und enthält auch die Ergebnisse der Video-Consultation. Eine der zentralen Erkenntnisse: Dreh- und Angelpunkt ist ein umfassender EHR, im Fall von Novant Health ein cloud-basierter EHR von Epic, dem Marktführer in den USA.

Die Hausärztin Dr. Karen Smith schildert schließlich aus der Sicht einer ländlichen Einzelpraxis, was Digitalisierug für sie im Arbeitsalltag bietet. Gleich zu Beginn macht sie deutlich, dass auch für sie ein EHR mittlerweile unverzichtbar ist. Er erlaubt ihr, sich mit anderen Leistungserbringern zu vernetzen, an fortschrittlichen und qualitätsorientierten Vergütungsmodellen teilzunehmen, ihre eingeschriebenen Patienten aktiv zu managen und letztlich auch per darauf aufbauender Tele-Health-App die Zugangshürden für vulnerable Bevölkerungsgruppen zu reduzieren.

Nach der Mittagspause geht es weiter zum NC State College of Veterinary Medicine.  Prof. Sid Thakur gibt einen kurzen Überblick über den Ablauf eines Studiums der Veterinärmedizin. Der Fokus seiner Präsentation gilt dem neuen Studiengang Global Health. Hierbei widmet sich die Forschungsarbeit v. a. Infektionserkrankungen, der Kontrolle von (tierischen) Lebensmitteln sowie der Patientensicherheit.

Es folgen zwei Vorträge von Vertreterinnen des NC DHHS. Beth Lovette von der Public Health Division des NC Department of Health and Humans Services erklärt u. a. wie in Kooperation mit der staatlichen Versicherung Medicaid vulnerablen Patientengruppen der Zugang zu Gesundheitsleistungen erleichtert werden soll. Wichtig dabei: North Carolina ist einer der Non-Expansion States, also der Staaten, die im Zuge des Affordable Care Acts die Absicherung für die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen - primär aus ideologischen Gründen - nicht erweitert hat.

Im Anschluss organisiert Professor Thakur spontan eine Führung durch die Tierklinik „NC State Veterinary Hospital“. Da oftmals keine tierspezialisierten Geräte oder Medizinprodukte hergestellt werden, werden in der State of the Art-Einrichtung auch Geräte und Produkte (z.B. MRTs oder Katheter) aus der Humanmedizin genutzt.

Donnerstag, 7. März 2019

Heute geht es für die Exkursionsgruppe von Chapel Hill, NC nach Washington, DC. Nach einer mehrstündigen Busfahrt freuen sich die Teilnehmer über eine Washington-Monuments-Tour bei Nacht. Der gut dreistündige Rundgang (15km…) erinnert an historische Ereignisse sowie herausragende Persönlichkeiten des Landes. Darüber hinaus vermittelt er einen ersten Eindruck der Größe der Stadt und bietet zugleich tolle Motive für Erinnerungsfotos. 

Freitag, 8. März 2019

Der erste Exkursionstag in Washington, D. C. beginnt mit einer Einladung beim Pharmakonzern Eli Lilly. Mit weltweit rund 40.000 Beschäftigten und einem starken Fokus auf R&D konzentriert sich Lilly u. a. auf Dermatologie, Diabetes, Alzheimer-Demenz, Onkologie und Neurologie. Joe Kelley (VP, Goverment Affairs) und David Talbot (Sr. Director, Int. Government Affairs) führen die Teilnehmer mit einem packenden Vortrag mit dem Titel „Policy Issues Facing US Pharmaceuticals“ in das Thema ein. Es folgt eine umfangreich Q&A-Session, in der insbesondere die Pharma-Preis-Agenda der Trump-Regierung sowie Unterschiede und Interdependenzen zwischen den USA und Deutschland hinsichtlich des Markteintritts pharmazeutischer Produkte sowie derer Preise ausführlich diskutiert werden.

Als nächstes öffnet Google seine Türen für die Bayreuther Delegation. Neben diversen aktuellen Pilot-Projekten beschreibt Michele Lynch (Public Policy and Government Relations) zahlreiche Herausforderungen, die beim Versuch, Künstliche Intelligenz in den Gesundheitssektor zu integrieren, zu bewältigen sind. Hierzu gehören v. a. der Datenschutz sowie haftungsrechtliche und ethische Fragestellungen.

Zum Abschluss des Tages informiert Margaret Murray, CEO der Association for Community Affiliated Plans (ACAP), über non-for-profit Health-Plans, die in verschiedenen Staaten für die einkommensschwache bzw. vulnerable Medicaid-Population Versicherungsoptionen anbieten. Kritisch bewertet sie die Medicare4All-Initative, da diese in weiten Teilen der Bevölkerung auf starken Widerstand stößt und eine Umsetzung wenig realistisch erscheint. Neben Managed Care und Value-based Purchasing gibt sie den Teilnehmern weitere Einblicke in die amerikanische Gesundheitspolitik.

Samstag, 9. März 2019

Am Samstag besucht die Gruppe das Zentrum des politischen Lebens in den USA, das Capitol. Die bewegte Geschichte der Nation lässt sich dabei gut an der sich über die Zeit immer wieder verändernde Architektur des Gebäudes nachvollziehen. Auch aktuelle Diskussionen über Statuen von Südstaaten-Generälen werden aufgegriffen. Den Nachmittag nutzt der größte Teil der Gruppe für einen Besuch des Arlington Cemetery, während andere eines der Smithonians Museen oder den Turm der Old Post Office besuchen. Am Samstagabend treffen sich einige in "der" UNC Sports-Bar in Washington DC, um gemeinsam das Basketball Derby UNC Tar Heels gegen Duke Blue Devils zu verfolgen. Bei dem einen oder anderen Getränk genießen sie - abseits der intensiven Auseinandersetzung mit dem US-Gesundheitssystems - die einmalige Zeit in den USA.

Sonntag, 10. März 2019

Der Sonntag bringt die hochverdiente Pause nach einer extrem intensiven Woche. Und am Montag und Dienstag warten schon wieder die nächsten spannenden Termine, z.B. mit The Commonwealth Fund, Siemens Healthineers und dem Kaiser Permanente Center for Total Health.

Montag, 11. März 2019

Die neue Woche startet beim Commonwealth Fund, einer privaten Stiftung, deren Ziel die Förderung eines leistungsfähigen Gesundheitssystems ist. Dazu werden u.a. Partnerschaften mit privaten sowie staatlichen Kostenträgern gebildet und Innovationen getestet. Eines der zentralen Projekte des Commonwealth Fund ist die Umstellung auf value-fokussierte, kostensparende und zugleich qualitätsfördernde Vergütungsmodelle - weg von Fee-For-Service. In einem Vortrag werden das sogenannte Quality Payment Program (QPP) mit den beiden Ansätzen “Merit-based Incentive Payment System” (MIPS) sowie “Alternative Payment Model” (APM) detailliert erläutert.

Im Anschluss gibt Siemens Healthineers im Vortrag "Navigating US Health Politics - An Industry Perspective" einen tiefen Einblick in die Government Affairs Tätigkeiten eines Medizintechnikunternehmens in den USA. Eleanor Kerr und Mark Esherik (beide Director Government Affairs) sowie Adam Borden (Director Policy and Reimbursement) stellen alternative Vergütungsmodelle wie Patient-centered Medical Homes, ACOs und Bundled Payments vor. Mit Blick auf die Abteilung Government Affairs bilden „Repeal the Medical Device Tax“, die „FDA regulatory reform“ sowie „Data Privacy/Data security“ nur einige der Kernthemen. Abschließend wird über künftige Digitalisierungsstrategien der Bereiche Imaging & Diagnostics diskutiert.

Am Abend lassen die Teilnehmer bei „Thunder Burger & Bar“ in Georgtown, einem alten Stadtteil Washington DCs, in gemütlicher Runde im Rahmen eines Farewell-Dinners die letzten Tage Revue passieren. Vor der Abreise steht am folgenden Tag noch der Besuch des Kaiser Permanente Center for Total Health auf dem Programm.

Dienstag, 12. März 2019

Am letzten Exkursionstag besuchen die Teilnehmer das Kaiser Permanente Center for Total Health und werden von Mohsin Hashmi (Senior Project Manager) durch die spannende Ausstellung geführt. Sie zeigt innovative Versorgungsansätze von Kaiser Permanente, der wohl bekanntesten Health Maintenance Organisation der USA. An verschiedenen Stationen werden unterschiedliche Versorgungsbereiche dargestellt sowie Optimierungsmöglichkeiten am Übergang zwischen den verschiedenen Gesundheitssektoren aufgezeigt. Innovative Produkte wie bspw. Virtual Reality Brillen oder die digitale Tablette geben einen Ausblick auf zukünftige Therapieoptionen. Darüber hinaus zählen diverse digitale Ansätze wie die elektronische Patientenakte oder Gesundheits-Apps schon lange zum Portfolio von Kaiser Permanente und Einrichtungen wie das San Diego Medical Center zu den Digitalisierungs-Vorreitern. Im Anschluss haben die Teilnehmer die Möglichkeit mit Keith Montgomery (Executive Director) über Versorgungs- und Digitalisierungsaspekte sowie künftige Strategien von Kaiser Permanente zu diskutieren.

Der letzte Programmpunkt, ein Workshop ganz ohne externe Referenten, dient dazu, die vergangenen Veranstaltungen nochmals aufzugreifen und den Teilnehmern Raum für ein Feedback zu geben. Die Exkursion wird als voller Erfolg gewertet und hat das Verständnis des amerikanischen Gesundheitssystems in einer sehr lebendigen Weise verbessert.

Abschließend ist an dieser Stelle den Sponsoren und Förderern der USA-Exkursionsreise des Studiengangs Gesundheitsökonomie ein ausdrücklicher Dank auszusprechen. Neben Studienbeiträgen der Universität erfolgte in erheblichen Umfang eine finanzielle bzw. logistische Unterstützung durch den AKGM e.V., Lilly, Medatixx, Oberender AG, Siemens Healthineers und RWalumni. Auch Professor Fried und seinem Team am Department of Health Policy und Management der UNC ist an dieser Stelle für den freundlichen Empfang und die umfassende Unterstützung zu danken. Die Teilnehmer bedanken sich ebenso bei Professor Andreas Schmid, dem Initiator und Organisator der Exkursion.

Autoren: Anna Giauque, Anna Zierenberg und Andreas Schmid

Acknowledgements

Ein besonderer Dank gilt neben unserer Partnereinrichtung, dem Department of Health Policy and Management der UNC, insbesondere unseren Spendern und Sponsoren. Nur durch ihre logistische und/oder finanzielle Unterstützung ist es möglich, die Eigenbeteiligung der Studenten auf ein bewältigbares Maß zu reduzieren. Herzlichen Dank!


Verantwortlich für die Redaktion: PD Dr. Andreas Schmid

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